Freitag, 31. Oktober 2008

Aller anfang...

Ob es mich zerrissen hat, direkt nach der Geburt ohne Kind zu sein, fragte mich Gabriela auf meinen Post 'Mandelförmige Augen' hin. Nein, es hat mich nicht zerrissen... Aber ich glaube, das war vor allem dem körpereigenen Hormoncocktail zu verdanken, den man bei einer Geburt verabreicht bekommt. Wären diese fantastischen Geburtshormone, dieser unglaubliche Endorphin-Kick nicht gewesen, ich wäre wahrscheinlich an die Decke gegangen, hätte die leidigsten Diskussionen mit den Ärzten geführt, vielleicht sogar Lola aus dem Inkubator wieder raus gefordert. Vielleicht hätte ich so lange darauf bestanden, dass sie mich schliesslich hätten gehen lassen... Aber irgendwie war ich plötzlich so anders. Es war da eine Ergebenheit in mir, wie ich sie nicht kenne von mir. Nicht im Normalzustand. Ich fühlte mich wie in einem Strom. Ich wurde einfach mitgerissen. Versuchte gar nicht, dagegen anzukämpfen... Ich weiss nicht, woran es lag. Vielleicht an der Geburt, die einen ja auch mitreisst, gegen den eigenen Willen. Man hat einfach keine Macht darüber. Man merkt plötzlich, dass man nur ein winzig kleiner Teil ist von einem riesengrossen Ganzen. Ein kleines Rädchen. Und wird mitgerissen. Das einzige, was man tun kann, ist: Mitgehen. Loslassen. Sich ergeben... Und dann geht alles von alleine... Und in diesem Zustand war ich nach Lola's Geburt. Gelassen, ergeben, wie selten in meinem Leben... Die Dinge hatten ihren Lauf genommen und ich schaute zu... Aber vielleicht lag es auch daran, dass schon in der Woche vor Lola's Geburt so manches anders gekommen war, als ich es mir ausgemalt hatte. Schon da hatte ich vielleicht angefangen hinzunehemen, dass die Dinge nicht immer so laufen, wie ich mir das vorstelle...

Denn eigentlich sollte Lola im Geburtshaus geboren werden, so wie Greta auch. Aber zwei Tage vor der Entbindung hat Johanna, meine Hebamme, Bedenken angemeldet, weil die Herztöne immer so niedrig waren, meist unter 110 ppm, und mich zur Ärztin geschickt, weil ich bis dahin eigentlich nur einen Ultraschall gemacht hatte. Und die Ärztin hat auch prompt registriert, dass das Kind sehr klein sei (Lola hatte bei der Geburt 42 cm und 2648gr), sehr wenig Fruchtwasser habe und demzufolge eine Geburt im Geburtshaus mit Risiken sei. Und meinte, dass der Widerstand zwischen dem kindlichen Kreislauf und dem meinen erhöht sei, keine Ahnung, was sie genau damit meinte, sie ist TCM - Ärztin. Und ich solle doch versuchen, innerlich mit dem Kind Kontakt aufzunehmen, eine Verbindung herzustellen, wenn auch erstmal nur in Gedanken. Ganz bei dem Kind zu sein. Und Johanna, meine Hebamme meinte, dass ich in zwei Tagen nochmal zur Ärztin solle und wenn die Werte dann besser seien, dann könne ich in's Geburtshaus. Bis dahin solle ich mir endlich Zeit für das kleine Mädchen in meinem Bauch nehmen, die Zeit, die ich ihr die ganze Zeit der Schwangerschaft nicht gegeben habe. Zwischen Greta, der Doktorarbeit, der Verteidigung, dem Tango...

Und so lag ich also zwei Tage auf dem Bett, habe ganz viel meditiert, mit diesem kleinen Wesen in mir Kontakt aufgenommen, gesprochen, es gestreichelt, mich ihr plötzlich ganz nah gefühlt... und habe meine Geburtswehen für Senkwehen ausgegeben, habe ganz viel wehenhemmenden Beruhigungstee getrunken, meinen Bauch mit wehenhemmenden Ölen eingerieben und weiter meditiert... bis ich eigentlich nur noch 'getönt' habe und zu Ricardo meinte, dass das doch eher Geburtswehen seien. Und da war dann die Idee mit dem Geburtshaus gestorben. Und ich dachte, nur schnell in die Klinik. Mit dem Taxi, schnell noch Greta mitten in der Nacht, halb schlafend bei Annette, ihrer Tagesmutter, vorbeigebracht.

Und kaum sind wir im Krankenhaus, ist Lola auch schon geboren. Im Vorzimmer, wo man das CTG misst, quasi während der Anamnese. Und so schnell wie sie draussen ist, haben sie sie auch schon weggenommen. Und die Nabelschnur einfach durchgeschnitten, die man bei Greta bestimmt eine Stunde hat auspulsieren lassen und die dann Ricardo durchschnitten hat. Und haben sie sie in ein Tuch gehüllt und mir dann erst gegeben, weil es sonst zu kalt ist, denn wir sind ja nur im Vorzimmer. Und ich möchte ihre Haut spüren, ihren kleinen Körper sehen. Aber ich sehe nur das steife Krankenhaushandtuch-Bündel und manchmal gucken mich ihre ulkigen Augen von schräg unten an... Und ich versuche einen geraden Blick zu erhaschen, irgendwie guckt sie so schief und ins nirgendwo, Greta's Blick als Neugeborenes sah ganz anders aus. Und da ist sie schon wieder weg, weil sie sie messen und anziehen müssen.

Und ich bleibe mit Ricardo in dem Vorzimmer zurück, auf der CTG-Liege. Und ich wir warten und warten und warten. Und ich verschicke schonmal SMS an meine Mutter und die engsten Freunde, dass Lola es doch schon eilig gehabt habe und rausgerannt kam heute nacht. Und klein sei, aber pumperlgsund. Denn so sah sie aus. Kräftig und gesund. Und plötzlich kommen die Schwestern wieder, ohne Lola, denn die ist wohl plötzlich ganz blau und hat nicht genug Sauerstoff im Blut und muss ins Wärmebett. Und ich frage, ob sie denn nicht auch mal auf meiner Brust liegen könnte, die sei auch ganz warm. Aber nein, das sei zu riskant, vielleicht habe sie ein Herzproblem, man müsse dass die ganze Zeit überprüfen. Und weg sind sie wieder und Lola auch. Und wir warten und warten und warten...

Jetzt, wo ich mich wieder daran zurückerinnere, hat es mich doch vielleicht zerrissen. Aber es war ja nicht nur einfach, dass sie nicht mehr bei mir war, dass wir in dem schönen Familienzimmer zu zweit im Bett lagen, Ricardo und ich. Neben uns tonnenweise Babywindeln und Höschen. Und draussen im Flur hastige Schritte und Babyschreie. Sondern da draussen lag Lola in diesem Bettchen und sah irgendwie tatsächlich so aus, als habe sie Down-Syndrom, diese komischen Augen, diese kleine Stupsnase. Die Kommentare der Hebammen. Die komischen Blicke der Ärztin. Ricardo wollte davon nichts wissen, nichts sehen. Tat es ab. Legte sich schlafen. Und da habe ich tief in mich hineingefragt. Sag mal, was glaubst du wirklich? Wenn du einfach ehrlich bist? Und da wusste ich, dass sie Down-Syndrom hat. Mit einer Sicherheit, einer Klarheit, die man vielleicht nur kurz vor dem Sterben hat. So etwa hab ich mir das immer vorgestellt, wenn man von einem Haus springt und man während des Fluges im Zeitraffer das ganze Leben erfasst. So ein Moment war das. Alles ganz deutlich stand es da, war ganz klar, sie hat Down Syndrom. Und mir war so schlecht... Ich wollte einfach nur aufwachen, aufwachen, sie neben mir im Bett liegen sehen, ihren Atem spüren, ihre kleine Nase streicheln. Wollte mit ihr nach Hause gehen, dass morgen die Sonne scheint und alle vorbei kommen und Blumen bringen. Und das Haus nach Neugeborenem riecht. Und ich wollte einfach nur, dass es nicht wahr ist. Wollte aufwachen... Aber dieses Gefühl der Erleichterung, dass man hat, wenn man nach dem Aufwachen merkt, dass die Zähne noch alle da sind, das kam nicht...

Da waren nur immer diese Schritte auf dem Gang. Und immer wieder die Tür, die Kinderärztin, die irgendwas von Herzfehler erzählte. Oder eine bakterielle Infektion. Sie war so jung wie ich selber und ich wusste, dass sie keine Ahnung hatte. Aber gerade deswegen konnte ich nichts machen, denn sie war ja so jung. Und sie war ja nur der Notdienst, mitten in einer Samstagnacht. Und ich wollte mich nicht mit ihr streiten, sie war irgendwie symapthisch... Und dann kam schliesslich die Ambulanz und der begleitende Arzt, der fragte mich, ob ich noch ein Foto machen wolle, als würde ich sie nie wieder sehen. Und sagte was vo einem genetischem Test. Und gab zu, dass sie einige Indikatoren für Trisomie 21 habe, auf mein Nachfragen hin. Und schon war Lola weg. Und ich tot müde und ich wusste, dass ich jetzt nicht hinterherkann. Denn sie steckt in diesem Glasbett, da kann ich gar nicht ran. Und ich kann einfach nicht kurz nach der Geburt auf harten Stühlen auf irgendeiner intensivstation in der uniklinik sitzen. Und so bin ich wieder zurück ins Zimmer und habe das Licht endlich ausmachen können und die Augen zugemacht...

Und da war plötzlich dieses Gefühl, ganz stark und gross und einfach. So einfach wie nur die Wahrheit einfach sein kann. Dass es gut so ist wie es ist...

(und da hört man nächtliches schreiben auf, aber so viel mehr ist in mir, was ich noch schreiben werden, wenn ich die worte finde...)

Donnerstag, 30. Oktober 2008

Herbstnachmittag

Draussen ist es grau und dunkelt schon. Wir haben uns ein paar Kerzchen angezündet, auf dem Herd kocht eine Wintergemüsesuppe und ...

Lola lässt mal wieder alles stehen und liegen, wenn sie eine Kamera entdeckt... lässt sich also leider nicht beim spielen fotografieren ...

Greta malt mit grosser Leidenschaft, am liebsten mit Tusche und Aquarellfarben... seit sie die entdeckt hat, will sie die Wasserfarben nicht mehr... Was soll's, ich hab den Aquarellkasten schon 15 Jahre und hab nie damit gemalt, und so kommt die Farbe wenigstens zur Geltung. Und Greta hat ihren Spass.


zerrissen, oder was?

Gabriela hatte mich vor einigen Tagen auf meinen Post 'Mandelförmige Augen' hin gefragt, ob es mich nicht zerrissen habe, direkt nach der Geburt ohne Kind zu sein... Diese Frage wollte ich in einem extra-Post beantworten. Den habe ich auch angefangen zu schreiben, am montag abend... und er fing an: 'nein, es hat mich nicht zerrissen!' eine stunde später, seiten und seiten später, als es schon so spät war, dass mir die augen zufielen, las ich plötzlich: 'und ich glaube, es hat mich doch zerrissen'....

und ich habe mich nicht getraut diesen zusammenhanglosen wust an erinnerungen, assoziationen und wilden gedanken ins netz zu stellen... nur zusammengehalten von meinen wünschen und meinen ängsten, meinen stückhaften erinnerungen, meinen hoffnungen und meinen versuchen, die dinge schön zu reden...

und jetzt sitze ich da und versuche aus meinem geschriebenen etwas zu machen, was auch andere verstehen können... was sinn macht, irgendwie... aber vielleicht macht manches gar keinen sinn?

Montag, 27. Oktober 2008

Homöopathie und Down-Syndrom

Beim Stöbern im Netz bin ich auf ein sehr schönes Buch gestossen, 'Homöopathie in der Kinder- und Jugendmedizin' von Herbert Pfeiffer. Im Kapitel 'Entwicklungsbezogene Störungen' widmet er sich eingehend dem Thema 'Down-Syndrom' und der homöopathischen Behandlung der oft damit einhergehenden Krankheiten wie z.B. Atemwegsinfekten.

Unter anderem habe ich darin gelernt, dass 'Calcium carbonicum' vor allem bei Neugeborenen mit Down-Syndrom das Mittel der Wahl ist. Und nicht ein Allheilmittel bei Entwicklungsverzögerungen, wie ich es bisher angenommen hatte und wie auch mein Post 'Calcium Carbonicum' vermuten liess. Auch bei Kindern mit Down-Syndrom ist die Mittelgabe in erster Linie abhängig von der speziellen Symptomatik und der Persönlichkeit des Kindes, also so unterschiedlich wie Kinder eben unterscheidlich sein können...

Hier ein Zitat aus dem Buch:

Kein Kind mit Down Syndrom ist das Spiegelbild aller anderen Kinder mit Down Syndrom, sondern sie sind einzigartig in ihrer Persönlichkeit, mit individuellen Bedürfnissen, Entwicklunsgverzögerungen und gesundheitlichen Problemen.

Abgesehen von den angeborenen Fehlbildungen werden sie nicht von vornherein 'krank' geboren, sondern befinden sich in ihrem Lebenslauf in einem permanenten Prozess der Entwicklung und Veränderung. Im Laufe ihres Lebens werden auch sie als Individuen mit immer neuen Entwicklungsimpulsen konfrontiert, die zu Konflikten und leidvollen Erfahrungen mit unterschiedlichen Reaktionen (=Krankheit) führen können.

Es ist sicherlich unbestritten, dass das Down Syndrom zurzeit weder durch konventionelle noch durch homöopathische Bemühungen 'geheilt' werden kann. Geht man aber von der Anschauung aus, dass das Down Syndrom keine Erkrankung, sondern eine - wenn auch extreme - Variante des normalen Menschseins darstellt, so scheint die Möglichkeit bzw. Notwendigkeit einer 'Heilung' von zunächst untergeordneter Bedeutung.

Sehr schön und treffend, diese Sätze. Das schönste ist, dass sie nicht in einem Büchlein für frisch-gebackenen Eltern von einem Kind mit Down Syndrom stehen, sondern in einem Lehrbuch, das viele homöopathisch behandelnde Kinderärzte nutzen. Weswegen man also von dieser Seite einen offenen Blick erwarten kann ....

Aber lest hier selber weiter, denn das Buch ist zu grossen Teilen frei im Netz.

Mittwoch, 22. Oktober 2008

Mandelförmige Augen


Wer ist das? Lola mit zwei Jahren? Falsch, Amelie mit 14 Monaten. Glaubt ihr's? Ich habe mich früher immer gefragt, warum meine Eltern dieses Bild in den Kalender von 1978 geklebt haben, den meine Mutter den Schwiegereltern gebastelt hat. Ich fand immer, ich sah darauf 'total behindert' aus. Und jetzt finde ich, dass ich darauf Lola sehr ähnlich sehe und finde es total süss...


Kurz nach Lolas Entbindung meinte ich zu Ricardo, allerdings auf spanisch, 'die Arme, die hat meine mongoloiden Augen geerbt'. Und dachte mir, dass sie irgendwie keine so vorteilhafte Mischung unserer Gene erwischt habe. Ricardo meinte, sie sähe aus wie ich und wäre total hübsch. Und habe ganz wunderbar mandelförmige Augen. Und lächelte sie ganz zärtlich an....

Auf meine Frage, ob denn alles in Ordnung sei, antworte die Hebamme 'joahhhh, joaaahhh, naja, sie hat einige Indikatoren für Trisomie 21, zum Beispiel die schräg-gestellten Augen und eine Vierfingerfurche.' Aber irgendwie interessierten mich diese Kommentare gar nicht weiter. Ich erklärte, ich habe als Kind auch solche Augen gehabt. Und die Hebamme gab zu, dass solche Augen öfter mal vorkämen. Und die Chefärztin der Klinik habe auch eine Vierfingerfurche, dass hiesse auch gar nichts. Damit war das Thema erstmal durch ....

Erst als sie Lola unbedingt in den Inkubator stecken mussten, weil sie 'ganz blau war', obwohl sie in meinen Augen ganz schön rosig aussah und mitten in der Nacht die Kinderärztin dreimal in unser Zimmer reinrannte und man Lola schliesslich mit der Ambulanz in die Unikinderklinik brachte und der Arzt was von genetischer Analyse erzählte und die diensthabende Ärztin mir nicht einmal ins Gesicht schaute, da habe ich langsam verstanden. Und wie ich da so lag in meinem Bett, mitten in der Nacht, ohne Kind, da wollte ich am liebsten aufwachen und alles ist nur ein Alptraum... Doch dann kam plötzlich so ein anderes Gefühl, ganz stark, ganz ruhig, ganz fest, woher, ich weiss es nicht. Und ein Lachen in mir, 'oh Mann, musstest Du kommen, Lola, damit ich endlich begreife?' Und irgendwie war ich ganz erleichtert....

Wie die Zeit vergeht...

Habe mich heute nachmittag mal wieder mit einer alten Bekannten getroffen, Heide, die ich während meiner Schwangerschaft mit Greta im Yogakurs kennengelernt habe. Sie war damals mit Isabel schwanger, die kurz nach Greta geboren ist. Seht selbst, wie schnell aus unseren Kleinen 'grosse Mädchen' geworden sind. Noch nicht mal drei Jahre ist es her...

Greta und Isabel mit 4 Monaten - a los 4 meses

Greta und Isabel mit 11 Monaten - a los 11 meses


Greta und Isabel mit 32 Monaten - a los 32 meses


'Ahh' - oder 'Das erste Wort'?

Heute morgen war wieder Frühförderung, bei uns zuhause, und ich habe wieder richtig viel gelernt über Lola und das, was sie schon kann, vor allem im Bereich Sprache. Manchmal ist man einfach blind. Frau Sammler's erfahrenes Auge hat aber gesehen...


Lola ist unglaublich interessiert an Lauten und Worten. Wenn man ihr etwas sagt, einen Gegenstand benennt, guckt sie einen ganz intensiv und lange an, als wolle sie damit sagen, sag's nochmal. Und manchmal, macht sie die Laute sogar 'stumm' nach, sie macht einfach lustige Bewegungen mit der Zunge, als wolle sie einen imitieren. Diese Phase gäbe es wohl bei allen Kindern, aber meist würden die stummen Zungenimitationen so schnell mit Lauten kombiniert, dass es den Eltern gar nicht auffällt. Um Lola's erste Nachahmungsversuche zu fördern, sei es wichtig, die Worte ganz langsam und überdeutlich auszusprechen und oft zu wiederholen, am besten mit offenem Mund, damit Lola das Zungenbild besser sehen kann.


Und seit Lola zwei Zähnchen hat, ist sie die ganze Zeit wie wild am Erkunden ihres Mundes und ihrer Zähne mit der Zunge, was oft nicht wirklich putzig, sondern eher gefährlich aussieht. Aber Frau Sammler meinte, dass sei eine ganz wichtige Übung für die Mundmotorik. Solange sie es mit Lauten kombiniert, etwa wie 'Bleablööohhblglgblgöäahh', sei das sogar sehr wünschenswert, weil sie so neue Laute entdecke. Auch wenn sie ihre Hand in ihren Mund steckt und dann lostönt, entständen neue Lautkombination, etwa 'wawawawawa', die man dann auch schön imitieren können, etwa mit 'wauwau'. Typischerweise machten die Kinder auf diese Weise in der Phase des Zahnens einige Fortschritte beim Erwerb neuer Phonemketten.


Sehr oft macht sie auch den Laut 'Ahh', wenn sie Sachen anschaut oder anfasst. 'Das erste Wort bei vielen Kindern', sagt Frau Sammler. Wer hätte das gedacht? Und Tatsache, sie macht es sehr oft, als wolle sie dem Ding einen Namen geben oder als wolle sie, dass man das Wort für den Gegenstand nochmal wiederholt. Auch streckt sie mir neuerdings immer ihre Ärmchen mit den Gegenständen entgegen, als wolle sie, dass ich sie benenne. Ich hatte dem bisher kaum Beachtung geschenkt.


Wichtig sei es vor allem, auf alle ihre lautlichen Äusserungen irgendwie zu reagieren, damit sie weiter macht damit. Und lernt, dass man auf diese Weise Reaktionen hervorrufen kann. Denn das ist Kommunikation mithilfe von Sprache... Und die muss verstärkt werden. Unglaublich, wie einfach man all diese ersten Versuche zu 'sprechen' einfach übersehen kann.

Dienstag, 21. Oktober 2008

Mach mal langsam!

Laurie hat in ihrem schönen Blog 'Days with Dylan' die berechtigte Frage aufgeworfen, was denn eigentlich hinter den Sprachproblemen fast aller Menschen mit Down-Syndrom steckt. Und was man machen kann, um die Sprachentwicklung unserer Kinder zu fördern. Hervorragende Frage. Die Antwort wahrscheinlich alles andere als einfach,weil Sprache ja doch so verdammt komplex ist. Im Zweifel ist mal wieder die Langsamkeit unserer Kinder schuld, auf all den vielen Ebenen, die mit Kommunikation und Sprache zu tun haben.

Schon was das Erlernen der Grundprinzipien von Kommunikation angeht, haben sie ein Handicap. Denn sie reagieren einfach zu langsam. Die freundliche Nachbarin wendet sich schon wieder ab, wenn das erhoffte strahlende Lächeln auf ihr fröhliches 'Guddibuddi' nicht kommt. Die Mutter bittet um die Hand des Kindes beim Anziehen, keine Reaktion, na da hat sie sie schon schnell selber in die Jacke gesteckt. Und schon wieder kein Lernerfolg. Vielleicht sollten wir doch einen Moment länger Geduld haben und eine Reaktion abwarten, auf die wir dann wieder antworten können. Denn nur so entsteht echte Interaktion, die ja die Basis für Kommunikation und Sprache ist.

Ein ganz wunderbarer Erfahrungsbericht über die Bedeutung von Interaktion, gemeinsamem Spiel, Geben und Nehmen, Sich-aufeinander-Einstellen und Nachahmen für den Erwerb von Sprache bei einem Kind mit Down-Syndrom findet sich übrigens hier, auf der Homepage von James D. MacDonald. Sein Buch, 'Communicating Partners', erklärt die Idee, dass dem Spracherwerb der Aufbau von kommunikativen Fähigkeiten zugrundeliegt, auch ganz wunderbar und bringt ausführliche Beispiele aus seiner langjährigen Praxis mit autistischen und Kindern mit Down-Syndrom. Ich hatte es mir schon bestellt, als Lola noch ganz klein war und wirklich erstaunliche Erfolge damit. Wenn ich mal ganz bewusst jede noch so unwichtige Regung von Lola imitiert habe, sei es ein Gähnen, Strecken, irgendwelche Gluckerlaute, hat sie tatsächlich angefangen, viel mehr Laute zu machen, und diese damit bei mir zu provozieren, als hätte sie an diesem Spiel Spass gefunden. Dann war es manchmal zwischen uns ein richtiges Hin und her. 'Ähhh' - 'Ääääääähhhh'. 'BBBBBhhhhh' -BBBBHhhhh'. Mittlerweile sind unsere Dialoge etwa so 'dadadadada' - 'dada, dada'. Frau Sammler von der Frühförderung hat uns den Tip gegeben, ihre Lautkombinationen zu wiederholen, aber auch in die gewünschte Richtung zu verändern, also die langen Silbenketten auf eine normale Wortlänge zu verkürzen. Aber vor allem das Imitieren ihrer eigenen Laute macht ihr grössten Spass. Und wenn ich es wirklich eine Zeitlang regelmässig mache, wird es viel mehr... Warum mache ich es dann eigentlich nicht häufiger? Gleich morgen will ich mal wieder ausgiebig mit Lola 'quatschen'. Und sie mal nicht nur zutexten, 'Lola, willst du was ESSEN, was ESSEN? Hast du HUNGER?' Was soll sie da schon sagen (sie wedelt dann meist ganz wild mit den Armen und Beinen, als wolle sie gleich abheben und strahlt über das ganze Gesicht)?

Aber die angeborene Langsamkeit bedeutet nicht nur ein Problem beim normalen Erwerb der Kommunikationsfähigkeiten. Sie führt auch zu Problemen bei der akustischen Wahrnehmung und Unterscheidung von Lauten. Aber dazu morgen mehr...

Montag, 20. Oktober 2008

Erkältet... Frau Stadelmann hilft!

Lola ist erstmals in diesem Herbst wieder erkältet, mit bösem Husten, bei dem der Schleim so richtig in den Bronchien rasselt, aber gar nicht richtig raus will - und einem gemeinen Schnupfen, der ihr besonders nachts die Nase verstopft und sie (und mich) am schlafen hindert. Ich hatte vergessen, wie gemein so eine Erkältung sein kann, so lange war Lola diesen ganzen Sommer über immer 'pumperlgsund'.

Nach dem Tip von Michael (walhus) hab ich ihr heute eine Gabe Calcium carbonicum in der Potenz C30 gegeben, ihre Brust vor dem Schlafen gehen mit Thymian-Myrte-Balsam für Kinder von Frau Stadelmann eingerieben, einen warmen Wollwickel drum gemacht, unter ihr Näschen noch etwas Engelwurzbalsam gerieben ... und hoffe, dass diese Nacht für sie (und mich) etwas erholsamer wird...

Die Produkte von Ingeborg Stadelmann aus Kempten sind wirklich äusserst empfehlenswert. Sie hat in Zusammenarbeit mit der Bahnhofsapotheke in Kempten spezielle ätherische Salben- und Ölmischungen für Schwangerschaft, Stillzeit und Kinder entwickelt, die wirklich gold wert sind. Man kann sie online bestellen, bekommt sie aber auch in etwas ausgewählteren Apotheken in den meisten Städten. Sie hat dazu auch einen kleinen Aromaratgeber geschrieben, in dem sie recht übersichtlich erklärt, welche Beschwerden durch welche Mittel behandelt werden können. Ich finde die Rose-Teebaum-Salbe ganz wunderbar bei wunden Babypopos. Und für die roten, trockenen Flecken im Gesicht, die irgendwie nach Neurodermitis aussehen und ja doch bei vielen Kindern mit Down-Syndrom auftreten, finde ich die Citrosencreme sehr gut. Lola kriegt diese Flecken öfter mal, besonders wenn ich viel Milchprodukte gegessen habe (ich stille noch). Aber mit dieser Creme sind sie meist am nächsten Tag schon wieder weg.

Ingeborg Stadelmann ist übrigens auch Autorin des wunderschönen Buches 'Hebammensprechstunde', was ich jeder werdenden Mutter nur empfehlen kann. Es hat mich wunderbar durch beide Schwangerschaften begleitet und bietet gerade für die Geburt sehr viele, detaillierte Erfahrungsberichte.

Sonntag, 19. Oktober 2008

Domingo - al mediodia

Lola, feliz. con un poco resfriado ... y: dos dientes!!! los dos de abajo. ahi estan, pequenines, invisibles al ojo, como siempre les cubre con la lengua, pero con los dedos se sienten. si, tendre que ensenharla a morder solo comido, porque son bien fuertes.


Greta, estudiando las fotos del libro que mando el tio Nacho. Cada dia, casi, les mira... un regalo increible!

Y Lola tambien quiere ver...


Dibujo de Greta, 'Un hombre'. Desde hace semanas dibuja muchisimo, preferiblemente con un boli de papá. y si, las partes de un humano se pueden ver. brazos, piernas, orejas, pelo, ojos, boca. las proporciones son especiales, pero bueno...

Schulische Integration (II)

Ich habe bei 'walhus' einige ganz wunderbare Beiträge zum Thema Schulische Integration bzw. Gemeinsamer Unterricht gefunden, mit wunderbar vielen Links, die für alle mit bald schulpflichtigen Kindern bestimmt interessant sind. Vielen Dank, Michael, für diese wunderbare Zusammenstellung,

Auch hier in Leipzig sollte sich bald was tun, aber dazu später mehr...

Samstag, 18. Oktober 2008

Calcium carbonicum

Lola's Kinderärztin ist auch homöopathisch ausgebildet. Und seit Lola das erste Mal bei ihr war, gibt sie ihr regelmässig 'Calcium Carbonicum' in der Potenz C200 als Konstitutionsmittel. Ich habe nicht genug Ahnung von Homöopathie, um das Grundprinzip irgendwie verständlich zu erklären, aber die Idee ist die, dass es je nach Konstitution ein bestimmtes Mittel gibt, was allgemein hilft - zur allgemeinen Entwicklung, bei Krankheiten, ... Es schiebt einfach an, was ins Stocken geraten ist, bringt die Energie wieder zum fliessen. Und bei den meisten Kindern mit Down-Syndrom und auch anderen Kindern mit Entwicklunsgverzögerungen, die ich kennen gelernt habe, ist es Calcium Carbonicum.

Hier die Beschreibung des Konstitutionstyp's Calcium Carbonicum aus dem Büchlein 'Homöopathie für Kinder'von Sven Sommer:

Dieses Kind wirkt leicht schlaff, dicklich oder dickbäuchig, mit grossem Kopf; es neigt zum Schwitzen, vor allem an den Füßen oder nachts am Kopf; es friert und erkältet sich leicht, verträgt keine Milch, hat Durchfälle oder Erbrechen, die sauer riechen; es isst gerne Süssigkeiten, Kekse, Kuchen, Eis und liebt Eier sowie eiskalte Getränke, aber auch Unverdauliches wie Kreide, Steine oder Erde; meist ist es gut zu haben, etwas zurückhaltend und schüchtern; es schaut anderen lieber beim Spielen zu; hat Angst vor Fremden, der Dunkelheit, Hunden, Mäusen, Tod und Teufel; kann recht dickköpfig sein; oft etwas langsam und behäbig sowie geistig und körperlich ein Spätentwickler (etwa beim Zahnen, Laufen und Sprechenlernen); Wachstums- und Lernstörungen.
Oder eine Beschreibung aus dem Buch 'Psychologische Homöopathie' von Philip M. Bailey:

Calcium Carbonicum wird aus der Austernschale hergestellt, und seine Herkunft sagt uns viel über die Psychologie des Konstitutionstyps. Die Auster gehört zu den weniger dynamischen Geschöpfen des Meeres. Sie zieht es vor, in ihrer schützenden Schale zu bleiben und sich zur Sicherheit an einen Felsen zu klammern. Im Innern der Schale ist sie weich und amorph, und ihre Aktivitäten beschränken sich darauf, Nahrung aufzunehmen und zu verdauen. [...] Calcium ist ein umkomplizierter Mensch [...], einfach, häuslich, bodenständig und pragmatisch. Seine Schlichtheit ist erfrischend, weil sie natürlich ist.

Klar, nicht alle dieser Beschreibungen, aber doch erstaunlich viele, passen auf Menschen mit Down-Syndrom ganz gut... Seit ich von diesem Mittel weiss, sehe ich Lola einfach auch gerne als Calcium-Kind und weniger als DS-Kind.

Freitag, 17. Oktober 2008

Mehr aktuelle Informationen...

Gynäkologische Praxen, Krankenhäuser und Geburtshäuser brauchen mehr aktuelles Informationsmaterial über Down-Syndrom! Damit Eltern, die vor oder nach der Geburt die Diagnose Down-Syndrom bekommen, sich auf dem neuesten Stand über die Lebensperspektiven mit einem Kind mit Down-Syndrom informieren können. Das verfügbaren Material ist oft sehr veraltet, wenn es denn überhaupt vorhanden ist oder zur Verfügung gestellt wird. Wichtig wäre Zugang zu so etwas wie der 'Erstinformationsmappe' sowie Kontaktmöglichkeiten zu Eltern und Experten vor Ort und eine Zusammenstellung von wichtigen Internetadressen. Denn nicht jeder hat das Glück wie ich, von der Chefärztin das Buch 'Aussergewöhnlich' von Conny ausgeliehen zu bekommen, was übrigens auch ein Muss für jedes Krankenhaus und jede Praxis ist.

Um die Präsenz von aktuellen Informationen durchsetzen zu können, wurde in den Vereinigten Staaten, nach jahrelangem Bemühen durch die National Down Syndrome Society (NDSS), am 26. September 2008 ein eigenes Gesetz verabschiedet, der sogenannte "Prenatally and Postnatally Diagnosed Conditions Awareness Act". Hier ein Zitat aus der Pressemitteilung durch die NDSS.
The Prenatally and Postnatally Diagnosed Conditions Awareness Act ensures that pregnant women receiving a positive prenatal test result and parents receiving a postnatal diagnosis will be more likely to receive up-to-date, scientific information about life expectancy, clinical course, intellectual and functional development, and prenatal and postnatal treatment options . It offers referrals to support services such as hotlines, Web sites, information clearinghouses, adoption registries, and parent support networks and programs specific to Down syndrome and other prenatally diagnosed conditions. The information that is all too often being provided in these situations is out-dated and inaccurate. The treatment options, functional development, opportunities and accomplishments of individuals with Down syndrome have improved dramatically over the years, yet decades old stereotypes still persist. It is critically important for healthcare professionals, families and society to update their knowledge and their perceptions about individuals with Down syndrome.
Deutschland bräuchte auch so ein Gesetz. Und jemanden, der es auf den Weg bringt...

Donnerstag, 16. Oktober 2008

DIE ZEIT antwortet...

Ich bin immer noch ganz aufgeregt, ich muss es ja zugeben. Ich hätte nicht damit gerechnet, nicht so schnell. Der Chefredakteur von DIE ZEIT, Giovanni di Lorenzo, hat ganz persönlich und sehr ausführlich auf meinen Leserbrief von vor zwei Wochen geantwortet. Hat meiner doch recht heftigen Kritik an der Berichterstattung seiner Zeitung zwar weitestgehend widersprochen. Doch hat er das grosse Interesse seiner Zeitung am Thema Behinderung betont und meinen Brief und die Vorschläge an die zuständigen Ressorts der Zeitung weitergeleitet. Ich bin wirklich gespannt, was daraus wird... Und einfach unglaublich froh und dankbar, auf offene Ohren gestossen zu sein. Ja, fast ungläubig, so schnell ein Feedback bekommen zu haben.

Es gibt eine Öffentlichkeit für unsere Interessen und die unserer Kinder. Wir müssen sie nur informieren. Wer sonst, wenn nicht wir... Wir müssen nicht nur unseren Kindern mehr zutrauen, sondern auch uns selbst. Und Menschen mit Behinderung werden auch immer noch ausgegrenzt in unserer Gesellschaft, weil sich noch nicht genug Leute für ihre Belange einsetzen - und zwar auf den höchsten Ebenen. In einer Zeit, in der die Lobbies die eigentliche Politik machen, brauchen eben auch Menschen mit 'Down-Syndrom' eine starke Lobby.

Mit unseren Kindern glücklich zu werden, dass ist das wichtigste. Und das strahlt aus, ganz von alleine. Aber uns auch an offiziellen Stellen für ihre Anerkennung als vollwertige Bürger, ihr Recht auf Bildung, ihre wirkliche Integration stark zu machen, dass ist die grosse Herausforderung. Es ist an der Zeit ....

Laß es mich alleine machen....

Was braucht es zur guten Entwicklung eines Kindes? Haben Kinder eine stabile emotionale Bindung, gibt man ihnen genug Dinge und Raum zum Entdecken und schränkt sie in ihrer Bewegung nicht ein, entwickeln sie sich ganz von alleine. Allerdings auch in ihrem eigenen Tempo - der eine schneller, der andere langsamer. Es ist deshalb wichtig, dem jedem Kind innewohnenden Drang nach Entwicklung zu vertrauen und dem Kind die Zeit zu geben, die es braucht. Das glaube ich ganz feste, und nicht nur ich, sondern auch Emmi Pikler, über deren Konzept in der letzten 'Leben mit Down-Syndrom' ein sehr schöner Artikel erschienen ist. Und was sie auch in ihrem schönen Buch 'Laßt mir Zeit' ganz wunderbar beschreibt ....


Von aussen in die vermeintlich zu langsame motorische Entwicklung einzugreifen, indem man Bewegungen anbahnt oder das Kind in Positionen bringt, die es selber noch nicht einnehmen könnte (es z.B. hinsetzt oder hinstellt) bringt wenig, wenn es nicht sogar schadet. Weil man das Kind dadurch abhängig macht von der Hilfe von aussen. Viel wichtiger ist es, ihm die Freude am Entdecken und an der eigenen Bewegung zu lassen und ihm Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu schenken. Denn um sich weiter entwickeln zu können, muss man wissen, wie man Dinge lernt: man muss gelernt haben zu lernen. Das ist die Grundlage für Eigenständigkeit, für Autonomie.


Und weitestgehende Autonomie im Leben, das ist es, was ich mir für Lola wünsche. Dass sie lernt, alleine zu essen, sich alleine anzuziehen, vielleicht sogar selber zu kochen und einzukaufen, sich selber in der Stadt fortzubewegen, ob nun zu Fuß, in der Tram oder auf dem eigenen Fahrrad. Dass sie lernt, mit anderen Menschen umzugehen, Freunde zu finden, ihre Wünsche und Probleme mitzuteilen, auch mit Frustrationen umzugehen und Konflikte auszutragen. Ja, dass sie es lernt, ihr Innerstes auszudrücken. All das wünsche ich mir für Lola. Ob sie nun auf eine Regelschule geht oder in die Förderschule, alleine wohnt oder in einem Wohnprojekt oder bei uns, auf dem ersten Arbeitsmarkt arbeitet oder in einer Werkstatt (wieviele Menschen leben nicht von staatlichen Geldern), alleine in Urlaub fährt oder mit der Familie, all das ist irgendwie 'Jacke wie Hose'.


Und damit Lola es eines Tages schafft, so gut wie möglich eigenständig zu leben, vielleicht noch viel besser als ich es mir heute vorstellen kann, will ich mich in Geduld üben und sie lieber alleine machen lassen als fördernd (und fordernd) von aussen einzugreifen. Ganz konkret heisst das: ruhig abwarten und ihr vertrauen; ihr genug Spielzeug und interessante Gegenstände auf dem Boden anbieten, die sie anregen, sich zu bewegen, egal ob rollend, robbend oder irgendwann mal krabbelnd. Und die sie erkunden kann, egal ob im Liegen, im gestützten Seitsitz oder irgendwann mal im Sitzen. Klar geht manches im Sitzen einfacher. Hält man in der einen Hand die Kugel, in der anderen Hand die Schüssel, kann man das Konzept von Inhalt und Behälter ganz anders erfassen. Aber zur Not geht das auch im Liegen, wenn man ausreichend flache Behälter hat.


Wichtig ist vor allem, dass die Intiative vom Kind ausgeht. Denn sucht sich ein Kind ein Spielzeug selber aus und zeigt auch länger Interesse daran, wird es viel mehr darüber lernen und behalten, als wenn ihm der Erwachsene von aussen was hinstellt, was es gar nicht interessiert. So gibt es sogar eine Studie, die zeigt, dass Kinder mit Down-Syndrom besser das Wort für ein selbstgewähltes Spielzeug lernen als für eines, das die Mutter ausgesucht hat. Was wieder mal die Wichtigkeit von Eigeninitiative und Autonomie im Lernprozess zeigt.

Also, was braucht es zur guten Entwicklung eines Kindes?

1.) Liebe, Liebe, Liebe
2.) eine interessante Umgebung, die zum Entdecken und Nachahmen einlädt,
3.) genug Bewegungsfreiheit, drinnen und draussen.

Der Rest kommt von ganz alleine .... bei den einen früher, bei den anderen später.

Mittwoch, 15. Oktober 2008

Lola, fast schon ein Jahr alt...






Dienstag, 14. Oktober 2008

Über den Sinn und Unsinn von Gebärden

Erstmal zum (vermeintlichen) Unsinn:

Frau Sammler, bei der Lola zur Frühförderung geht, meinte, es sei nicht nötig, Lola Gebärden beizubringen. Sie sei sehr 'kommunikativ' und brabbele ja auch schon, so dass man es erst mal nur mit Lautsprache versuchen solle. Denn es sei möglich, dass sich der Beginn der Lautsprache sonst verzögere...

Jutta Müller, eine ehemalige Kollegin vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften, bemerkte gestern kritisch, dass es doch generell nicht einfacher sein könne, eine Gebärde zu lernen als ein gesprochenes Wort. Denn das Erlernen eines neuen Wortes (gebärdet oder gesprochen) hänge doch vor allem vom Verständnis des zugrundeliegenden Konzeptes ab. Erst wenn ein Kind also das Konzept von 'Essen' oder 'Apfel' verstanden habe, könne es dies auch mit einem Symbol assoziieren, egal ob gebärdet oder gesprochen. Die Gebärde oder das Wort wird also erst dann gelernt, wenn das Kind das zugrundeliegende Konzept von 'Essen' und 'Apfel' verstanden hat (mehr über den Zusammenhang von Wort- und Konzepterwerb, allerdings auf Englisch und recht umfangreich, gibt's hier).

Allerdings gibt es Hinweise darauf, dass Kinder von taubstummen Eltern, die mit Gebärdensprache aufwachsen, etwas früher anfangen zu gebärden als andere Kinder anfangen zu sprechen, wie eine allerdings etwas ältere amerikanische Studie zeigt.

Nun aber auch über den SINN:

Ich versuche aber doch mit Lola Gebärden zu benutzen, und zwar vor allem deswegen, weil man sich dadurch zwingt, langsam und deutlich zu sprechen und auch weniger zu sagen, am besten sogar nur ein Wort. Dies ist gerade bei Kindern mit Down-Syndrom wichtig, denn selbst wenn sie gut hören können, haben sie doch Probleme bei der akustischen Unterscheidung von einzelnen Lauten. Dadurch fällt es ihnen schwerer, ein einzelnes Wort aus dem Lautstrom zu segmentieren. Das langsame Sprechen eines einzelnen Wortes hilft also, das Wort überhaupt erstmal zu erkennen. Man kann sich das so vorstellen. 'ohguckmalmeinschatzsiehstdudenrotenapfelmmhleckersoein
schöenerapfelwillstdudenhaben' im vergleich zu 'APFEL', während die Mutter auf einen Apfel zeigt. Was ist wohl einfacher?

Ein anderer wichtiger Vorteil der gebärdenunterstützten Kommunikation besteht darin, dass man darauf achten muss, dass einen das Kind anschaut, denn sonst sieht es ja die Gebärde nicht. Und damit ist eine andere wichtige Bedingung erfüllt für den erfolgreichen Spracherwerb, nämlich die gemeinsame Aufmerksamkeit von 'Mutter' und 'Kind' während der Kommunikation. Guckt das Kind gerade den Frosch an, während die Mutter 'Ente' sagt, wird es wohl nicht viel lernen. Auch ist fraglich, ob das Kind das Wort 'Milch' versteht, wenn die Mutter mit dem Rücken zum Kind das Fläschchen zubereitet und dabei zum quengelnden Baby sagt ,Ja warte, meine Kleine. Gleich kriegst du dein Fläschchen Milch.' Wieviel klarer ist es doch, wenn die Mutter dem Kind die Flasche zeigt, klar und deutlich 'Milch' sagt und dazu vielleicht noch die Gebärde für Milch macht, bevor sie dem Kind die Flasche gibt. Diese gemeinsame Aufmerksamkeit während der Kommunikation, der sogenannte 'joint attentional frame', ist nach Michael Tomasello, Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig, eine wichtige Grundbedingung für erfolgreichen Spracherwerb. Und in diesem Sinne ist das Verwenden von Gebärden sinnvoll. Indem es uns nämlich zwingt, einen solchen 'joint attentional frame' herzustellen.

Der Großteil der Kinder wird wahrscheinlich auch sprechen lernen, wenn ihre Eltern über ihren Kopf hinwegreden, denn die Natur hat sie mit der Fähigkeit ausgestattet, auch im grössten Chaos Regelmäßigkeiten zu erkennen. Aber mit gebärden-unterstützter-Kommunikation sollten sie es schneller tun, was die vielen Berichte von Eltern, die mit ihren Kindern die Babyzeichensprache verwenden, auch zeigen. Und für Kinder mit Down-Syndrom ist die gebärden-unterstützte-Kommunikation sicherlich eine ganz wichtige Stütze beim Sprachwerwerb, wenn nicht sogar die Grundbedingung. Und deswegen werde ich weiter mit Lola Gebärden verwenden. Und ich hoffe, sie auch bald mit mir.

Montag, 13. Oktober 2008

Zwergensprache


Wir waren heute zum zweiten Mal beim Baby-Zeichensprache-Kurs und Lola hatte wieder grössten Spass. Die Kursleiterin Anett Baum ist unglaublich herzlich und liebevoll mit den Kindern. Sie macht eine Mischung aus Krabbelgruppe und musikalischer Früherziehung und ganz nebenbei fliessen Gebärden mit ein, verpackt in Lieder und Fingerspiele. Ganz wunderbar! So braucht man nicht lange irgendwelche Bücher zu wälzen oder GuK-Karten anzuschauen, sondern bekommt die Zeichen ganz nebenbei mit eingeflösst. Und lernt auch noch nette Leute kennen. Und Lola andere Babies. Und angenehm zu wissen, dass auch andere Leute gebärdenunterstützte Kommunikation bei ihren Kindern nutzen ...


Lola versteht als Gebärde schon essen, Milch, mehr und hochnehmen. Klar, für sie so ziemlich die relevantesten Dinge im Leben. Selber gebärdet sie allerdings nur 'hochnehmen', seit sie etwa 7 Monate alt ist: sie nimmt beide Arme hoch, wenn sie auf den Arm will.

Ich habe nämlich mit den Gebärden schon früher angefangen, mithilfe des Buches Babyzeichensprache von Vivian König. Das Buch ist leider ein bisschen redundant in seinen Beschreibungen, zeigt aber alle Gebärden in schönen Fotos. Ich hoffe nur, dass die Gebärden sich nicht zu sehr von denen der GuK unterscheiden, damit sich Lola auch mal mit anderen Down-Babies 'unterhalten' kann...


Herbst über Plagwitz



Puppenmutter


Greta's grosse Eifersuchts-Krise ist erstmal wieder vorbei. Nach Wochen gefährlicher Kratzattacken auf alles, was zwei Augen und Beine hat, ist sie wieder im Gleichgewicht. Und fürsorglicher denn je. Mit Lola, der sie ihr Spielzeug nun nicht mehr wegreisst, sondern im Gegenteil freundlich anreicht. Was dazu geführt hat, dass Lola also nicht mehr gerne robbt, dafür aber laut kräht, wenn ihr Ball wieder mal wegrollt. 'Hier, Lola'. Grosse Schwester Greta ist sofort zur Stelle unhd Lola zufrieden. Und Mama Amelie ist natürlich angerührt ob solcher Fürsorge, aber natürlich immer noch nicht zufrieden ob der übergrossen Hilfe, die Lola doch sehr zur Gemütlichkeit verleitet. Na, grosse Schwester sein ist schon schwer...

Aber zum Glück hat Greta ja auch viele Puppen, um die sie sich mit einer Hingabe kümmert, dass einem das Herz aufgeht. Alle fünfe werden gewickelt ('Pouh, stinkt das'), entkleidet und unter verschiedenste Tücher gebettet, Gute-Nachtlieder gesungen ('Laf, Peti, laf nun ein, bald tommt die Nacht. Hat sich aus Wolken Toffeln demacht...'). Nur beim Transport ins Badezimmer wird Greta ungeduldig, denn fünf Puppen gleichzeitig mit zwei so kleinen Ärmchen zu transportieren, ist eine ganz schöne Herausforderung. Hat man alle viere unter zwei Armen, bückt sich nach der Fünften, fallen zwei andere wieder runter... 'Das geht aber nicht! Es reicht!', fährt sie ihre Puppen dann schon mal an. Ein etwas rauher Umgangston manchmal, aber irgednwoher muss sie das ja haben ...

Samstag, 11. Oktober 2008

Greta und Lotte

Das Wetter ist wunderschön sommerlich, so dass wir mal wieder Eis essen waren, zusammen mit Charlotte, Greta's Freundin...



Danach waren wir noch ein bisschen im Auwald spazieren und die beiden Mädels mussten erstmal die Bäume erklimmen. Ich hätte es Greta gar nicht zugetraut, aber sie ist die Äste hochgeklettert wie ein Äffchen. So schnell, dass ich mit der Kamera gar nicht hinterher kam und alle Bilder ganz verwackelt sind. Naja, dieses lässt die beiden Kleinen in Aktion erahnen...